Mittwoch, 31. Oktober 2012

Offroad auf der Ligurische Grenzkammstrasse

Vor kurzem sind wir zu zweit die ligurischen Grenzkammstraße gefahren. Ligurien liegt am Mittelmeer an der Grenze zwischen Italien und Frankreich. Das Wort Straße allerdings stimmt heutzutage nur noch bedingt, denn die gut 100 Jahre alte Militärstraße kann mittlerweile getrost als Offroad-Strecke bezeichnet werden. Es gibt nur sehr wenige Strecken in Europa auf denen man seine Enduro völlig legal mit einem solche gewaltigen Ausblick auf eine Alpine Landschaft bewegen darf.
Vorbereitung, Ausrüstung und perfekte Planung sind alles! Naja, oder das könnte man zumindest denken. Und obwohl es einen kurzen Moment lang auch mal genau so vorgesehen war, ist dann doch wieder alles ganz anders gekommen. Irgendwie endet bei meistens jede Reise so das man doch irgendwann "einfach losfährt", und auch Gerhard ist nicht gerade berühmt dafür sich schon vorher zu überlegen, was im Urlaub alles so nötig sein könnte. Vorbereitung gab es, immerhin habe ich mir vorsorglich mal die GPS-Koordinaten der gesamten Grenzkammstraße auf das Handy geladen. Außerdem habe ich mir eine 5-Volt-USB-Steckdose an den Lenker gebaut, damit das immer nach Strom hungernde Smartphone auch geladen werden kann.

Ausrüstung? Schlafsack ... check! Motorrad ... check! bisschen Wäsche ... check! Braucht man sonst noch was? Vermutlich nicht. Es sollte erwähnt werden, dass unsere Ausrüstung nicht komplett passend war, denn von 2 Motorrädern war nur eins geländetauglich. Gerhards harte Strassmaschine sah uns nicht so aus, als ob sie gerne über schweres Gelände mit Geröll aus teilweise handballgroßen Steinen gefahren werden wollte. Aber wir hatten eine Idee: Einfach in Italien oder der Schweiz eine Enduro leihen, die Offroad-Strecke genießen, und dann auf dem eigenen Hobel wieder heim.

Und Planung ... nun ich habe mir vorsorglich die genaue Position der ligurischen Grenzkammstraße auf mein Handy gepackt. Ansonsten wird Planung überbewertet und so fahren wir auch los.

Die Hinfahrt soll über die Schweiz, in der es einfach ein paar grandiose Pässe gibt, geradewegs nach Süden führen. Das Wetter ist fast schon zu gut und bei 30 Grad in brütender Sonne fahren wir erst mal bis zur Loreley den Rhein längs anstatt den schnellen Weg einfach über die Autobahn. Für diese Entscheidung werden wir gleich doppelt belohnt. Zum einen durch die tolle Umgebung, die wir bei strahlendem Sonnenschein auf unseren Böcken genießen dürfen. Aber auch weil wir unsere erste Panne dann bei einem solchen Panorama statt auf irgendeiner Autobahnraststätte haben. Gerhards Benzinschlauch ist geknickt und lässt zu wenig Sprit durch. Nach einigem Gebastel stellt sich eine achtlos am Straßenrand weggeworfene kleine Puppe als Rettung heraus. Der Kopf der Puppe hält den Benzinschlauch supergerade. Und auch wenn ich es in dem Moment noch bezweifelt habe, die Puppe hält die ganze Woche über und hält tapfer den Benzinschlauch. Nachdem es richtig viel Zeit gekostet hatte erst mal die Ursache des Problems zu finden kommen wir spät abends in Freiburg an, wo wir herzlich empfangen werden und erst mal pausieren.



Am nächsten Tag geht es dann auf direktem Weg in die Schweiz, wo wir bei moderaten Temperaturen den großen St. Bernhard (2469m) überqueren. So ein klassischer Alpenpass macht schon Spaß! In Italien angekommen entscheiden wir uns die Autobahn nach Cuneo zu nehmen. Ist zwar weiter und durch die überall stehenden Wegelagerer deutlich teurer, aber wir wollen am Col de Tende möglichst schnell ankommen und nicht unsere kostbare Zeit allein auf den Landstraßen verbringen.

Etwa 30 Kilometer vor dem Einstieg in die Grenzkammstraße schlagen wir dann unser Nachtlager auf. Wir finden in einem Waldstück einen geraden und weichen Waldboden, der ein gutes Bett für uns abgibt, und legen die Schlafsäcke aus. Ich lerne dann noch, wie man eine Flasche Wein ohne Werkzeug mit einem Schuh öffnet und wir ärgern uns das wir nicht mal eine Taschenlampe oder etwas Ähnliches dabei haben.



Das mit dem leihen eines geeigneten Motorrads stellt sich übrigens schnell als Wunschvorstellung raus. Wir finden einfach nichts, wo man sich was leihen kann, und wollen ja auch nicht einen ganzen Tag lang danach suchen. Gerhard beschließt also die Strecke mit seiner Maschine zu befahren.
Schon die ersten Kilometer lassen ahnen, was auf uns zukommt. Mehr als faustgroßes Geröll auf einem Weg, der an der Seite gerade nach unten geht. Aber der Spaß und die Aussicht entschädigen für alles!

Die ligurische Grenzkammstraße lässt sich aufteilen in Nord- und Südteil (http://alpenrouten.de/Ligurische-Grenzkammstrasse-Sued_track59.html) und ist zusammen etwas mehr als 60 Kilometer lang. Klingt nicht viel, aber durch die anstrengende Fahrt ist es sehr empfehlenswert die Tour in 2 genussvollen Tagen zu machen statt zu versuchen im Kampf alles an einem Tag zu schaffen.

Nach etwas Unsicherheit finden wir den Eingang zur ligurischen Grenzkammstraße. Dieser ist mit dem Hinweis versehen das es gefährlich ist und nur für Fußgänger, Mountainbiker und Endurofahrer auf eigene Gefahr erlaubt ist.



Naja für fast alles, denn obwohl Gerhard sich im ersten Gang mit für seine Maschine atemberaubender Geschwindigkeit durch die Landschaft kämpft, kann man unschwer sehen, dass das Motorrad sich auf einer asphaltierten Straße einfach wohler fühlt. Wir treffen unterwegs auf eine Gruppe von BMW Fahrern, die deutlich besser ausgerüstet sind als wir und uns immer wieder einholen. Aber Ausrüstung ist auch nicht alles, und so erntet Gerhard unzählige male Ruhm und Ehre dadurch das er es überhaupt nur versucht mit so einem Bock die Strecke zu befahren!



Die Strecke selbst ist optisch und technisch einfach toll. Das liegt unter anderem auch daran, dass sie wirklich ab vom Schuss ist. Es war also gut das wir unsere Maschinen noch mal bis zur Oberkante vollgetankt hatten. Nach den ersten 3-4 Stunden hat man dann gemerkt wie anstrengend es sein kann sich durch Geröll zu arbeiten, wenn man es nicht gewohnt ist. Zum Glück sind wir auf eine kleine und gottverlassene Hütte gestoßen, in der das davor stehende Quad sinnvollerweise dazu genutzt wurde, um Bier nach hier oben in die Gegend zu befördern - ein Traum!


Nach ein paar weiteren Stunden jedoch wird es Gerhard dann irgendwann doch zu viel. Er hat bereits mehrfach schwer aufgesetzt und sich auch schon eine ziemlich große Beule in den Krümmer gehauen. Ansonsten jedoch ist er ziemlich begeistert das er offenbar alles derart gut zusammengebaut hat das während der ganzen Strecke nichts abgefallen ist. Ich hatte jedoch weniger Glück. In einer schottrigen Kurve war der Übermut wohl etwas zu groß, und ich habe mir beim Sturz einen der hinteren Blinker abgerissen.

Auf dem Rückweg übernachteten wir noch mal in einem sehr dichten Waldstück in einem Tal, das uns so abgeschieden erscheint das wir es auch wagen ein Feuerchen zu machen. Als es dann am nächsten Morgen weiter gehen soll, wird das ganze erst mal zu einer ziemlich nervenaufreibenden Geschichte, denn meine Transalp will einfach nicht mehr anspringen. Und wenn man nach einer Stunde schrauben, raten, fluchen und mit Öl und Benzin verschmierten Fingern merkt, das man den Kill-Schalter gedrückt hatte, ist man gleichermaßen erleichtert und wütend!


Und damit habe ich gleich zwei wichtige Dinge auf dieser Tour gelernt:
  • Ein Moped braucht Benzin zum fahren
  • Ein Moped braucht Strom zum fahren


Sonntag, 15. April 2012

Motorradtour nach London

Über Ostern gab es zusammen mit Gerhard eine kleine Motorradtour nach London. 


Ein Kurztrip über Ostern mit dem Motorrad nach London. Das allein klingt schon nach einer guten Idee. Mit zwei Motorrädern jedoch klingt es gleich noch besser und so wurde es dann auch gemacht.

Gerhard mag kein Plastik an seinem Moped, und so hat er seine Maschine schon ganz ordentlich zerlegt und nach und nach alles an weichen Teilen ausgetauscht was auszutauschen war. Die letzten Teile erst am Abend zuvor, und so kann es ja schon mal passieren, dass man während der Fahrt mal noch kleinere Unstimmigkeiten feststellt und es mit etwas Pappe und einem Schraubendreher mal noch etwas nachgefummelt werden muss.

Wir fahren zwar in Köln recht zeitig los, fahre aber statt nach Belgien erst mal zielstrebig nach Holland und müssen doch glatt noch mal zurück um unseren Fehler wieder gut zu machen. Denn wir haben kaum etwas geplant, keine Ahnung, und nicht mal eine Karte und fahre zumeist eher einfach drauf los. Diese Taktik klingt genial, verwegen und unglaublich frei, sorgt aber auch dafür das wir ziemlich gehetzt, mit 25 Minuten Verspätung und der letzten Unze Sprit im Tank an der Autofähre ankommen. Die Menschen dort sind jedoch sehr entspannt und buchen uns einfach auf die nächste Fähre mit ein, und diese wird zufällig auch schon wenige Minuten später zum Befahren freigegeben.

 

Die Motorräder werden auf der Fähre mit Spanngurten festgeschnallt, damit auch stärkerer Seegang die Möhren nicht zum Umkippen bringt. Geholfen wird einem dabei nicht, und beim ersten mal brauchen wir schon sicher 15 Minuten um die Mopeds festzumachen. Das mein Hobel keinen Hauptständer hat stellt sich dabei als weniger schlimm raus als gedacht, man muss nur darauf achten, die Spannvorrichtung auf der richtigen Seiten zu haben!












Die Fährfahrt selbst stellt sich dabei als willkommene Pause raus. Entspannt essen wir schlechtes Essen, summe schlechte Seemannslieder und finden raus das sich auf Deck im Prinzip nur Raucher rumtollen. Nach etwa einer Stunde Fahrt sehen beide Ufer so nahe aus das wir überrascht sind, wie schmal der Ärmelkanal doch ist.

Nach der Ankunft heißt es sich auf Linksverkehr einstellen, aber das klappt erstaunlich einfach. Da England für mich nun das Land der Mittelspurschleicher ist, erfordert es aber einige Übung auf einer dreispurigen Autobahn von ganz links, am Schleicher vorbei, nach ganz rechts zu schwenken, um zu überholen. Aber nach der 3. Schnecke klappt auch das wunderbar und gehört von nun an zur notwendigen Fahrkunst in Großbritannien dazu.

Noch mal zum Thema planlos. Wenn man vor einer echt großen Stadt wie London ankommt, auf der falschen Seite fahren muss und außer dem Straßennamen von der Unterkunft nicht den blassesten Schimmer hat, also etwa wie man dort hinkommt, und es nebenbei noch langsam anfängt zu dämmern, dann kann das ganze schon mal zu einem Problem werden. Wir entscheiden uns also etwa 20 KM vor London ganz spießig eine Karte zu kaufen, um auch nur den richtigen Stadtteil finden zu können. Aber wie befestigt man die Karte am besten, wenn man keine Halterung hat? Nach prächtigen Ideen von "In der Hand halten", "Zwischen den Beinen" oder "kleine Teile auswendig lernen" entscheiden wir uns eine Halterung zu basteln. Gerhard bekommt direkt glänzende Augen und als echter Fan von MacGyver ist er direkt dabei. An einer Tankstelle halten wir an um eine Karte und Teile für eine Halterung zu besorgen, merken aber das wir nicht mal die kleinste Ahnung haben, wo wir uns befinden. Also wird in der Not der Verzweiflung der Plan noch mal geändert und es muss eine Halterung für mein Handy her.














Nach dem Einkaufen in der Tanke haben wir alles was wir brauchen, um mein Handy professionell an dem Motorrad zu befestigen: Schnur, Klebeband, Messer, Kaugummi. Gerhard ist nicht zu bremsen und nachdem alles fertig ist, wäre sogar MacGyver persönlich neidisch gewesen! Die Konstruktion ist großartig und im Nachhinein war das auch eine echt gute Idee. London ist einfach nur groß, und trotz Navigation haben wir noch fast eine Stunde gebraucht, um einmal halb durch die Stadt zu unserem Ziel zu kommen. In dunkeln mit einer Karte wären wir vermutlich erst morgens angekommen, und auch erst nachdem wir ein Taxi bezahlt hätten, um ihm nachfahren zu können.

 

London selbst ist groß und beeindruckend, auch wenn ein langes Wochenende nicht mal im Ansatz ausreicht, um es sich wirklich anzusehen. Ich hatte Glück das Gerhard vor einigen Jahren schon mal eine ganze Woche hier war, so konnte ich ihn nun als persönlichen Fremdenführer gebrauchen und mir einige Highlights einfach direkt zeigen lassen. Wir haben uns aber auch nicht gehetzt und waren ziemlich entspannt die ganze Zeit. Denkwürdig war zum Beispiel unser original englisches Frühstück, das wir extra abseits der Touristenecken eingenommen haben, weil dort sichtbar mehr Einheimische gegessen haben und es preislich auch eine andere Welt war. Beim essen krabbelte eine ziemlich große Kakerlake in unserer Nähe die Wand runter, und als ich sie Gerhard zeigte um mal zu sehen wie er reagiert blieb der ziemlich locker und während wir weiter aßen diskutierten wir darüber ob es nicht doch nur eine seltsame Heuschrecken gewesen sein konnte ;) (das Essen war jedoch wirklich super und die Bedienung sehr freundlich!)


Gegen sehr frühen Abend kamen wir dann mit erschöpften Füßen in so etwas wie einer Altstadt an. Kneipen in Hülle und Fülle an jeder Ecke. Das mussten wir nutzen und das Motto sollte "in jeder Bar ein Bier" werden. Aber auch wenn die Engländer kein Bier braun können, so können sie doch die Gläser vollmachen und so war dieser Plan gleichzeitig der schlechteste und der letzte Plan des Tages ...

 


Was einem in London noch direkt auffällt: Kameras! Überall und auf Schritt und Tritt wird man gefilmt. Man hat von der Filmwut der Londoner im Namen der Sicherheit ja sicher schon vielfach gelesen, aber wenn man erst mal da ist, kann man sich durchaus durchgehend beobachtet vorkommen. Seltsames Gefühl, ich würde gerne mal wissen, wie lange ich da sein müsste, damit das weggeht ... falls überhaupt. Besonders komisch ist es auf den öffentlichen Toiletten, auf denen auch Kameras hängen und am Pissoir ein kleines Schild, das drauf hinweist - na danke!



Die Rückfahrt war in einer Sache wir die Hinfahrt: außerordentlich ungeplant und chaotisch. Aber das hat uns einige sehr schöne Abschnitte an der englischen Südküste eingebracht. Leider war das Wetter nicht mit uns, und als wir am frühen Abend auf der Fähre angekommen sind haben wir die Seefahrt genutzt um etwas zu schlafen, die Handschuhe auf dem Klo mit dem Handpustegerät zu trocknen und eine weitere Bekleidungsschicht über zu ziehen. Auf dem guten alten Festland dann fing das frieren erst wirklich an, und so haben wir bis zur Ankunft noch so manche Rast zum aufwärmen machen müssen.